Gelingende Kommunikation ist ein Schlüssel für konstruktive Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention. Dabei geht es nicht nur um Wissen über kommunikative Regeln sondern vor allem um die Fähigkeit dieses Wissen auch in Problemsituationen anwenden zu können und zu wollen.
Die Gestaltung der Unterrichtskommunikation bestimmt wesentlich die Beziehungen zwischen den Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern, denn über Kommunikation werden nicht nur Inhalte ausgetauscht sondern vor allem auch Beziehungen definiert. Die Akzeptanz von Gegenseitigkeit im Kommunikationsstil ist dabei von zentraler Bedeutung. Viel zu wenig Aufmerksamkeit wird gewöhnlich der (eigenen und fremden) Körpersprache geschenkt, obwohl diese wesentlich das Kommunikationsgeschehen bestimmt.
Es ist zwar prinzipiell zwischen eher sachorientierter und beziehungsorientierter Kommunikation zu unterscheiden, doch sind beide Bereiche und Formen nicht voneinander zu trennen.
Für Eltern und Lehrkräfte
- Grundlagen der Kommunikation: Als grundlegende Kompetenzen gelingender Kommunkation können „Aktives Zuhören“ (M2) und die Anwendung von „Ich-Botschaften“ (M3) betrachtet werden. Beides darf nicht „technisch“ verstanden und angewendet werden, sondern beruht auf einer prinzipiell akzeptierenden und wertschätzenden Grundhaltung. Das eigene Bild vom Anderen wird dabei stark von eigenen Gefühlen, Projektionen und Interpretationen geprägt und ist deshalb immer zu hinterfragen (M1).
- Faire Kommunikation: Gegenseitige Achtung und einfühlsames Verständnis sind die Grundlagen für Faire Kommunikation nach Thomas Gordon (M5) und kann geübt werden.
- Grundregeln für Gruppenkommunikation zu kennen ist unabingbar. Die Regeln der Themenzentrierten Interaktion von Ruth Cohn bieten hierzu einen Rahmen der erprobt werden kann (M4). Wie ein Dialog, der gängige überzeugungen und Haltungen hinterfragt, gelingen kann zeigt M6 (siehe auch M17 und M18).
Kommunikation imKontext von sozialem Kompetenztraining
Soziale Kompetenztrainings für Kinder sollen u.a. das Einfühlungsvermögen fördern, die Situationswahrnehmung differenzieren, die Selbstkontrolle stärken und Fähigkeiten zur sozialen Problemlösung vermitteln.
Defizite in solchen Bereichen sind empirisch belegte Risikofaktoren für Aggression und Delinquenz. Soziale Kompetenztrainings haben gegenüber anderen Ansätzen der entwicklungsbezogenen Prävention auch praktische Vorteile. Sie können die gesamte Population erreichen (z.B. in der Schule) und sind relativ kostengünstig (z.B. als Gruppentraining durch die Lehrkräfte). Evaluationsstudien zeigen, dass insbesondere bei aggressivem Verhalten, oppositionellstörendem Verhalten und dissozialem Verhalten positive Effekte zu verzeichnen sind.
Friedrich Lösel/Birgit Plankensteiner: Präventionseffekte sozialer Kompetenztrainings für Kinder. CCJGReview Bonn 2005, S. 1 f.
Für den Unterricht
Um Sensiblität für das Kommunikationsgeschehen zu entwickeln werden u.a. Bereiche, wie soziale Wahrnehmung, Körpersprache, Gesprächshaltungen und Feedback eingeführt und geübt. Das Kom- munikationsmodell von Schultz von Thun (die vier Seiten der Nachricht) dient als Hilfmittel zum Verstehen des Geschehens.
- Wahrnehmung schärfen: Optische Täuschungen (M7) sind nur ein Beispiel für die Subjektivität menschlicher Wahrnehmung. Anhand des Beispiels kann die Beeinflussbarkeit erörtert werden.
- Vierseitig kommunizieren: Mit Hilfe des Modells von Schulz von Thun werden konkrete Unterrichts- oder Gesprächssequenzen analysiert.
- Körpersprache: 80-90 Prozent menschlicher Kommunikation findet nonverbal statt. Körpersprache bewusst wahrzunehmen und (angemessen) zu interpretieren ist wichtig, da hiervon die eigenen Reaktionsweisen abhängen. M9 bietet Zugang zur Interpretation von vorgegebenen Körperhaltungen, während M10 den Bereich Gestik aufgreift.
- Gefühle: Gefühle werden durch Körperreaktionen sichtbar. Wie lassen sich Gefühle darstellen und wie lassen sie sich richtig erfassen? (M11). Körpersprache ist in weiten Teilen geschlechtsspezifisch. Wie sehen typisch männliche/weibliche Ausdrucksformen aus, wie kommen sie zustande und wodurch werden sie verstärkt? (M12).
- Nonverbale übungen führen in den Bereich des körpersprachlichen Umgangs ein (M13).
- Gesprächshaltungen im Konflikt: Spezifische Kommunikationsformen, die z.B. Einseitigkeit betonen, unzulässig verallgemeinern oder Höflichkeitsrituale missachten wirken sich konfliktverschärfend aus. M14 zeigt eine solche Gesprächsstrategie, während mit Hilfe von M15 eskalierende und deeskalierende Verhaltensweisen identifiziert werden können. Anregungen, wie gute Gespräche verlaufen können, gibt M16.
- Feedback: Während unbewusstes Feedback immer stattfindet, sollte bewusstes Feedback als Methode der Metakommunikation systematisch eingesetzt werden, da hiermit Missverständnissen und Verhärtungen bereits in einem frühen Stadium begegnet werden kann. Feedbackregeln (M17) erleichtern die Anwendung.
- Die Methode des „Demokratisches Sprechen“ (M18) bietet Anregungen und Anleitung für Diskussionen über Sachthemen.
Unterrichtkommunikation
Reinhard Tausch, Hanna Köhler und Bernd Fitkau haben bereits 1966 für die Beobachtung der Unterrichtskommunikation eine Liste von Variablen zusammengestellt, die auch heute noch von Bedeutung ist:
- Reversibilität/Irreversibilität von äußerungen.
- Häufigkeit von Fragen.
- Häufigkeit von Befehlen/ Aufforderungen.
- Freundlichkeit/Höflichkeit.
- Häufigkeit des Wortes „bitte“.
- Wertschätzendes oder abwertendes Bild des Schülers.
- Entspannte – gespannte Haltung.
- Ruhige – erregte Haltung.
- Gespannte – gelöste Klassenatmosphäre.
- Häufigkeit des Lächelns.
- Ausmaß der Bebilderung des Klassenzimmers.
- Eigene Urteilsschätzung des Klassenlehrers über die Klasse.
Vgl. Hans Nicklas/änne Ostermann: Zur Friedensfähigkeit erziehen. München/ Berlin 1976, S. 109.