Sport in der Schule ist dann ein wichtiger und Erfolg versprechender Ansatz zur Gewaltprävention, wenn er in ein tragfähiges Konzept eingebunden wird. Dies bedeutet, dass Sport im Kontext der Konfliktbearbeitung gesehen werden muss, und der Fair-Play-Gedanke auf die gesamte Ausgestaltung des Schullebens auswirken sollte.
Sportlehrerinnen und -lehrer haben wegen ihrer hohen Glaubwürdigkeit eine Schlüsselrolle inne. Eine Untersuchung mit 1.000 Schülerinnen und Schülern im Alter von 10-19 Jahren des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Tübingen kommt zu dem Ergebnis, dass Sportlehrerinnen und Sportlehrer eine viel größere Wirkung auf die Schülerinnen und Schüler haben, als ihnen bewusst ist. Die von Lehrkräften im Sport vermittelten Normen würden stark wahrgenommen, stärker als die von Lehrkräften anderer Fächer. Sportlehrerinnen und Sportlehrer seien deshalb in hohem Maße Vorbilder (vgl. Südwestpresse 6.2.2007).
Das Potenzial des Sports kann sich jedoch erst dann entfalten, wenn es nicht in die wenigen Stunden des Sportunterrichts abgedrängt wird, sondern Pausenhöfe und Pausenzeiten ebenso wie Freizeit und Kooperation mit Vereinen und Jugendfreizeitheimen einschließt.Maßnahmen im Bereich der Schule
- Schulen sollen verstärkt alternative Sportarten in den Schulunterricht aufnehmen und auf die Konjunktur bestimmter aktueller Sportpräferenzen bei den Schülerinnen und Schülern
reagieren, um diesen ein Forum zu geben und sie nicht in unkontrollierte Bereiche abzudrängen (z.B. Kampfsportarten). - Schulen sollen die Pausenhöfe zu Sportzwecken außerhalb der Schulzeit öffnen, um zu der Erhöhung des Sportflächenangebotes beizutragen und selbstbestimmte Möglichkeiten zum Sporttreiben in der Freizeit im unmittelbaren Lebensbereich und unter Einbeziehung des Wohnumfeldes zu bieten.
- Schulen sollen bei sportlichen Aktivitäten enger mit den Vereinen und Jugendfreizeitheimen/Jugendzentren zusammenarbeiten.
Gunter A. Pilz: Sport und Gewaltprävention. Hannover o.J.
Kriterien für bewegungsorientierte Angebote
- Ausrichtung des Angebots an den kindlichen Bedürfnissen;
- Geringe sportmotorische Anforderungen;
- Problemlose übertragbarkeit der Angebote auf alle sonstigen Lebensbereiche;
- Vermeidung von Blamagesituationen;
- Angstfreie, animierende Lern- und Spielatmosphäre;
- Förderung kooperativer Handlungsweisen;
- Geschlechtsspezifische Angebote.
Für den Sport als pädagogisches Handlungsfeld im Kontext von Gewaltprävention an der Schule lassen sich mit Fijalek (2007, S. 50 f.) folgende Punkte zusammenfassen:
- Die Vermeidung einer übertriebenen Wettkampf- und Leistungsorientierung im Sportunterricht, durch die neue Aggressionen hervorgerufen werden können.
- Die Einführung klar geregelter und möglicherweise ritualisierter Formen körperlicher Auseinandersetzung wie z.B. „Ringen und Raufen“.
- Ergänzende fachdidaktische Themen können das „Anspannen und Entspannen“ sowie das „Miteinander spielen“ sein.
- Eine besondere Aufmerksamkeit sollten die Sportpädagogen und -pädagoginnen der sprachlichen Verrohung vor allem der männlichen Schüler schenken. Hier sind vor allem Beschimpfungen nach misslungenen Aktionen, z.B. Fehlpass im Fußball, gemeint, welche viel zu häufig unsanktioniert bleiben.
- übergreifend kann die Jungenarbeit dazu beitragen, die auf- fälligen Defizite wie den Mangel an Empathie oder den Überlegenheitszwang zu verkleinern bzw. ihnen entgegenzuwirken.
- Einen wesentlichen Beitrag könnte die Initiierung sozialer Lernprozesse durch den Umgang mit Regeln, Rollen und Konflikten im Sportunterricht leisten. Diese sollten gemeinsam aufgestellt werden und bei Bedarf veränderbar sein.
- Das gemeinschaftliche Sich-Bewegen und die dabei wahrgenommene „Zwischenleiblichkeit“ kann zu einem positiven Gruppenempfinden beitragen. Dazu eignen sich besonders Zuwerfen und Abspielen, Tanzen, Kämpfen, Synchronisieren oder Helfen und Sichern, denn die jeweiligen Aktivitäten verlangen ein abgestimmtes Verhalten – ein Miteinander ist somit unausweichlich.
- Rollenspiele und Trainingsprogramme zur Veränderung des Sozialverhaltens zählen zu weiterführenden Maßnahmen, die nur unter entsprechenden personalen und zeitlichen Voraussetzungen an der Schule umsetzbar sind. Vor allem müssen die Lehrkräfte hinreichend aus- bzw. fortgebildet sein, um eine zielorientierte Umsetzung zu erreichen.
Die verschiedenen Formen des Tuns im Sport
- Verlaufsorientierte Tätigkeiten: Charakteristisch für Tätigkeiten im Sport ist, dass sie oft mit so starken, angenehmen Gefühlen verbunden sind, dass sie uns auch ohne Zweck sinnvoll erscheinen.
- Zweckorientiertes Tun: Aber zum Sport gehört auch das andere, das zweckorientierte Tun, das Lernen, Üben, Trainieren als Erarbeiten der Kompetenzen, die gebraucht werden, um einen bestimmten Sport überhaupt oder besser betreiben zu können.
- Und zum Sport gehört die Auszeit, in der darüber nachgedacht wird, wie sich etwas besser machen lässt und worauf es eigentlich ankommt. Wenn wir unsere Aufgabe darin sehen, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu fördern, dann kommen nun Zweifel auf, ob Entwicklungsförderung im Spiel, also in den verlaufsorientierten Phasen des Sports, gelingen kann oder nicht vielmehr doch eher von jenen anderen Phasen zu erwarten ist, die im engeren Sinn des Wortes nicht Spiel sind, vielmehr zweckorientierte Tätigkeiten zur Vorbereitung oder Verbesserung des Spiels.
Dietrich Kurz: Vom Sinn des Sports. Abschiedsvorlesung, 27.1.2009. www.schulsport-nrw.de/info/news08/pdf/d-kurz_vom_sinn_des_sports.pdf
Erfüllte Gegenwart Wenn ich auf eine ganz einfache Formulierung bringen sollte, was ich für den Auftrag der Sportpädagogik halte, dann könnte es diese sein: „Menschen zu zeigen, dass und wie Sport glücklich machen kann“. Dabei heißt für mich „zeigen“ erfahren und bedenken lassen und „glücklich machen“ Element eines sinnerfüllten Lebens sein. Und dazu gehört gerade für junge Menschen auch die Erfahrung der erfüllten Gegenwart, die ich mit dem Begriff des Spiels verbunden habe.
Dietrich Kurz: Vom Sinn des Sports. Abschiedsvorlesung, 27.1.2009.