Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Von Anfang an. Nicht nur, weil dies seit dem Jahr 2000 im Bürgerlichen Gesetzbuch steht oder weil es für die Gesellschaft, langfristig betrachtet, kostengünstiger ist, in Prävention zu investieren, anstatt in spätere Therapien und Jugendgefängnisse (Berth 2012). Sondern einfach, weil zu jedem Menschen eine ihm eigene Würde gehört, die durch die Anwendung von Gewalt, gleich von welcher Seite und zu welchem Zweck, negiert wird.
Wer in der Praxis Gewaltprävention betreibt, trifft bewusst oder unbewusst eine Vielzahl von (Vor-) Entscheidungen, die letztlich über die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen entscheiden.
Was soll unter Gewaltprävention verstanden werden?
Prävention bedeutet, durch Vorbeugen spätere Kosten zu verhindern. Dies will auch Gewaltprävention: Durch rechtzeitiges Handeln Gewalt vermeiden. Über diese allgemeine Absichtserklärung hinaus gibt es jedoch keine anerkannte Definition, was unter Gewaltprävention genau zu verstehen ist und wie Vorbeugung zu geschehen hat, obwohl der Begriff ständig in vielfältigen Zusammenhängen verwendet wird. Der Hinweis auf Gewaltprävention dient der Handlungslegitimation („Im Dienste der öffentlichen Sicherheit.“), der Forderung nach Ressourcen („Hier ist finanzielle Förderung dringend geboten.“), aber auch der Produktion von Konsens („Wir müssen alle kooperieren, denn wer ist nicht gegen Gewalt?“). Der Begriff wird für verschie¬dene Zwecke vereinnahmt und instrumentalisiert.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO 2002) unterscheidet Maß-nahmen und Programme der Gewaltprävention anhand von zwei Dimensionen:
- Zeitliche Dimension: In diesem Kontext wird von primärer, sekundärer und tertiärer Gewaltprävention gesprochen.
- Zielgruppendimension: Hierbei gibt es Strategien, die sich allgemein an jedermann wenden, aber auch Interventionen, die sich speziell an Täter und Opfer oder an Hochrisikogruppen richten.
Gewaltprävention setzt spezifische Klärungen voraus, die oben be-schrieben wurden. Die Materialien dienen dieser Klärung. Sie haben wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung das gesamte Kinder- und Jugendalter im Blick und beziehen somit immer auch den Vorschul-bereich mit ein.
Prinzipielle Klärungen
M1 thematisiert prinzipielle Fragen, die der Klärung bedürfen, wenn Gewaltprävention eingeführt wird. Weitere Fragen kommen später hinzu.