Die Grundannahmen dieses Bandes
- Gewaltprävention darf nicht als Heilsversprechen missverstanden werden. Gewalt kann allenfalls reduziert und eingedämmt, jedoch nie vollständig beseitigt werden.
- Gewalt ist Teil einer Kultur und hat vielfältige Funktionen. Sie ist auch in unserer Gesellschaft nicht gänzlich tabuisiert. Es gibt die tolerierte, die ritualisierte, die mytho-logisch oder religiös aufgeladene Gewalt. Und zudem die legitime Staatsgewalt (Polizei, Militär, Gefängnisse usw.).
- Prävention ist immer langfristig vorbeugend auf die Reduzierung von Risikofaktoren und die Entwicklung von Schutzfaktoren gerichtet.
- Prävention sollte nicht nur die Verhaltensdimension des Kindes umfassen, sondern auch dessen Lebensverhältnisse und Umstände, die sein Verhalten bedingen.
- Gewaltprävention im Vorschulbereich bedeutet zuallererst, Kinder vor Gewalt (der Erwachsenen und anderer Kinder) zu schützen. Kinder sind zunächst Opfer von Gewalt und auch im Bereich der Gewaltprävention nicht ausschließlich unter dem Aspekt potenzieller Täterschaft zu sehen.
- Aggressives und gewalttätiges Verhalten ist nicht angeboren, sondern erfüllt in der Entwicklung von Kindern vielfältige Funktionen wie z. B. Reaktion auf Schmerz Vertei-digung, Selbstbehauptung usw. Bei Kindern im Vorschulbereich ist aggressives Verhalten in aller Regel eine Art der Kommunikation und eine Exploration der Umwelt.
- Aggressive Verhaltensweisen können als Kommunikationsform verstanden werden, die immer Botschaften beinhaltet und auf Problemlagen aufmerksam macht.
- Nicht jedes Verhalten, das umgangssprachlich als Aggression und Gewalt bezeichnet wird, verdient diese Bezeichnung auch im wissenschaftlichen Sinne. Deshalb ist es wichtig, das Gewaltverständnis zu klären.
- Aufgabe von Gewaltprävention kann es nicht sein, kindliche Neugier und spielerisches Verhalten einzugrenzen, sondern die Nöte und Sorgen von Kindern, die sich in aggres-sivem Verhalten äußern können, zu erkennen und Abhilfe zu schaffen (Schutzverant-wortung der Erwachsenen).
- Gewaltprävention im Vorschulbereich ist eine permanente Anfrage an Erwachsene (Eltern und pädagogische Kräfte): Wie lösen sie ihre eigenen Konflikte, was drücken sie mit ihrem Verhalten aus, wo überschreiten sie Grenzen?
- Gewaltprävention im Vorschulbereich kann nicht heißen, ein engmaschiges Netz der Überwachung und Eingrenzung zu spannen, das sich über den weiteren Entwicklungs-weg von Kindern legt, sondern Kinder auf ihrem Weg ins Leben zu unterstützen und zu begleiten.
- Aggression und Gewalt werden auch in Einrichtungen des Vorschulbereichs nicht nur von außen hineingetragen, sondern sind in vielen Fällen hausgemacht.
- Gewaltprävention muss an den psychischen Grundbedürfnissen der Kinder ansetzen. Der ressourcenorientierte Blick und das ressourcenorientierte Vorgehen ermöglichen es, Kinder im Sinne einer resilienten Entwicklung zu fördern.
- Kinder müssen als eigenständige, vollwertige Menschen wahrgenommen werden, denen eigene, unveräußerliche Rechte zukommen und denen auch eigene Meinun-gen, Interessensbekundungen und Mitbestimmungsmöglichkeiten zustehen.
- Der Bereich der Intervention darf mit dem der Prävention nicht verwechselt oder gar als identisch angesehen werden. Erprobte Verhaltensmöglichkeiten in akuten Problem-situationen sind für den pädagogischen Alltag wichtig.
- Die Anwendung von erprobten Präventionsprogrammen bedarf eines schlüssigen päda gogischen Rahmens, der über Einzelprogramme hinausgeht.
- Wissenschaftliche Kenntnisse über die Wirkung von Maßnahmen zur Gewaltprävention sind unabdingbar und bilden die Grundlage für eigene Vorhaben und Maßnahmen.
- Gewaltprävention kann nur durch Networking mit anderen Einrichtungen unter Einbe-ziehung der Eltern gelingen.