Rezension ajs

Günther Gugel
Handbuch Gewaltprävention III
Für den Vorschulbereich und die Arbeit mit Kindern Grundlagen — Lernfelder— Handlungsmöglichkeiten Berghof Foundation, Friedenspädagogik Tübingen, Wir stärken Dich e. V, 2014, 28,80 Euro

Nachdem 2009 der erste Band des Handbuches zur Gewaltprävention in der Grundschule und 2010 der zweite Band für die Sekundarstufe erschienen ist, liegt nun der dritte Band für die Arbeit im Vorschulbereich vor. Von dem inzwischen eher zwiespältigen Begriff „Vorschule" sollten sich pädagogische Fachkräfte nicht abschrecken lassen. Dieser wird hier analog zu den beiden anderen Bänden benutzt und bezieht sich auf alle Einrichtungen für Kinder, die zeitlich vor der Schule angesiedelt sind und nicht im Sinne einer „Vorbereitung" für die Schule.

Gleich zu Beginn wird im Begleitwort die Frage gestellt, ob Gewalt überhaupt ein Thema der Frühpädagogik ist. Als Praktikerin kann ich diese Frage nur mit Ja beantworten. Aggressionen und Konflikte sind in Krippe und Kindergarten an der Tagesordnung und stellen Fachkräfte vor vielfältige Entscheidungsfragen: eingreifen oder nicht und wenn ja wie? Was sind die Ursachen von Gewalt und  was das Ziel von Gewaltprävention? Wo setze ich an und welche Form von Prävention wirkt? Mit dem Handbuch ist es gelungen, den Leserinnen und Lesern einerseits einen theoretisch fundierten Einstieg in das Thema zu ermöglichen und andererseits direkte Ansatzpunkte für die Konzeptentwicklung in der Praxis zu bieten. Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass für die kurzfristige Lösung konkreter Gewaltprobleme in der Kita das Handbuch weniger geeignet ist, da es angesichts der Breite des Themas bei einzelnen Aspekten nicht tief genug gehen kann. Aber dazu liegen bereits andere Bücher vor, auf die auch verwiesen wird (z. B. Haug-Schnabel 2009, Petermann und Petermann 2012). Zusätzlich ist ein ganzes Kapitel der sehr hilfreichen Übersicht und Bewertung unterschiedlicher Programme zur Gewaltprävention in Kita und Familie gewidmet.

Das Handbuch ist in Form eines Lehrbuchs geschrieben. Die Gliederung wurde vom Autor nach inhaltlich und didaktischen Kriterien gestaltet und nicht wie bei anderen Handbüchern nach dem Alphabet. Durch die kurzen Absätze (nie länger als 20 Zeilen), die zahlreichen Zwischenüberschriften und übersichtlichen Grafiken ist es ausgesprochen leicht zu lesen. Jedes Kapitel ist in einen Theorie-und Praxisteil mit Materialien aufgeteilt. Die Materialien bieten Vorlagen zur Reflexion und Aufsätze aus anderen Büchern oder Zeitschriften zur weiterführenden Diskussion im Team.

Gewaltprävention wird nicht als „Verhinderungspädagogik" (siehe Klappentext) gesehen, sondern als Förderung und Ermöglichung positiver Entwicklungen. Alle Kinder benötigen eine Umgebung, die sich an ihren Bedürfnissen orientiert und sie als Persönlichkeit anerkennt. Aggression und Gewalt erscheinen als individuell begründet oder zumindest nachvollziehbare Verhaltensweisen. Trotzdem oder gerade deshalb bleibt es Aufgabe der Erwachsenen an der Entwicklung und Verwirklichung von friedlichen Alternativen zu arbeiten, beziehungsweise Kinder vor Gewalt zu schützen und ihnen Rahmenbedingungen zu bieten, die verletzende Ver¬haltensweisen erst gar nicht notwendig machen.

Damit Gewaltprävention gelingt, bietet das Handbuch die Auseinandersetzung mit folgenden The-men: Gewalt in der Gesellschaft, eigene kulturell geformte Einstellungen zu Aggression und Gewalt, Gewalt gegen Kinder, Gewalt in der Familie, Bedeutung von Gewalt und Aggression innerhalb der kindlichen Entwicklung, Umgang mit Konflikten, Gewaltspielzeug und Gewalt in den Medien. Darüber hinaus geht es darum, förderliche Rahmenbedingungen für alle Kinder zu schaffen, weshalb auch Themen wie Einrichtungsqualität, Partizipation, ResiIienz- und Diversity-Orientierung und Elternarbeit behandelt werden. Diese Themen sind Fachkräften zwar auch aus anderen Zusammenhängen bekannt, aber der Gewinn des Buches liegt darin, dass sie in Bezug auf Gewaltprävention neu interpretiert werden.

Gewaltprävention ist kein zusätzliches Angebot, sondern Teil des pädagogischen Alltags. Das Buch ist eine große Unterstützung diesen daraufhin zu überprüfen und weiterzuentwickeln.

Barbara Weiß
Leiterin der Kindervilla Alexanderpark, Tübingen

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