Kindeswohlgefährdung - Umsetzung konkret

Während mit dem Begriff Gewaltprävention normalerweise das Prinzip der Eigenverantwortung verbunden wird und Maßnahmen als „Kann-“ oder „Soll“-Aufgaben gesehen werden, handelt es sich beim Kinder-schutz bei Kindeswohlgefährdung um eine „Muss“-Aufgabe. Handeln bei Kindeswohlgefährdung ist eine gesetzlich festgelegte Aufgabe, der nachgekommen werden muss. Für Einrichtungen der Kindertages-betreuung bestehen genaue Vorgaben, wie bei einem Verdacht auf Gefährdung vorzugehen ist. Dies betrifft jedoch nur den Bereich der Intervention.

Der zweite Bereich des staatlichen präventiven Handelns, der im Kontext des Kinderschutzes unter dem Stichwort „Frühe Hilfen“ zusammengefasst wird, ist eine freiwillige Maßnahme, für deren Umsetzung es keine gesetzliche Verpflichtung gibt.

Die rechtlichen Grundlagen kennen
Kinder sollen vor jeder Form von Gewaltanwendung geschützt werden. Sie haben einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge und ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. In zahlreichen Konventionen und Gesetzen sind diese Rechte der Kinder verankert (M1). Diese Rechte zu kennen und sie zur Grundlage der pädagogischen Arbeit zu machen, ist ein zentraler Schritt für einen modernen Kinderschutz. Dabei ist wichtig, sich immer wieder klar zu machen, dass es nicht nur um Schutzrechte, sondern auch um Beteiligungs-, Entwicklungs- und Förderrechte geht (M2).

Anforderungen an pädagogische Kräfte
Von pädagogischen Kräften wird u.a. verlangt, dass sie Anhalts-punkte für Kindeswohlgefährdung kennen, die Leitungsebene informieren, Fachkräfte einbeziehen und mit Eltern Kontakt aufnehmen (M3). Dies bei einem Gefährdungsverdacht oder in einer tatsächlichen Gefährdungssituation auch realisieren zu können, bedarf der intensiven Vorbereitung und Absprachen.

Vorgehen bei Kindeswohlgefährdungen
Für die Praxis ist es zum einen wichtig, dass die formalen Abläufe bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung bekannt sind und die notwendigen Handlungsvoraussetzungen geschaffen werden. Hier - zu gehören u.a. die Vereinbarung mit dem Jugendamt, die erfahrene Fachkraft, die Ansprechpartner im Jugendamt, Kennen von Beobachtungskriterien, Klarheit über die Dokumentation usw. (M4). Anhand immer wieder vorkommender konkreter Begebenheiten können mögliche Reaktions- und Vorgehensweisen besprochen werden. Dabei wird auch sichtbar, wo weiterer Informationsbedarf besteht.

Erste Abklärungen
Fragen stellen, weitere Informationen beschaffen und Abklärungen vorzunehmen, sollte nicht spontan geschehen, sondern anhand von vorformulierten Fragerastern (M5). In dem ASD-Handbuch Kindeswohlgefährdungen sind hierzu umfassende Materialien enthalten (http://db.dji.de/asd/ASD_Inhalt.htm).

Umgang mit sexualisierter Gewalt
Was würden Sie bei Bekanntwerden eines sexuellen Übergriffes durch eine Fachkraft tun? M6 benennt verschiedene Handlungs-möglichkeiten und stellt diese zur Diskussion. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs formuliert Anforderungen an Schutzkonzepte in Einrichtungen (M7), die diskutiert und geprüft werden sollten. „Keine Umarmung“ ist ein Zeitungsartikel überschrieben (M8), der die Probleme, die mit einem strikten Berührungsverbot verbunden sind, benennt. Jede Einrichtung muss zu diesem Bereich einen gangbaren Weg finden.

Den gesellschaftlichen Kontext von Kinderschutz kennen
Das Bundesjugendkuratorium, das die Bundesregierung bei Fragen des Kindes- und Jugendschutzes berät, hat vor einigen Jahren eine bemerkenswerte Stellungnahme zum Thema Prävention veröffentlicht, in der sie Achtsamkeit und Aufmerksamkeit für das Wohler-gehen von Kindern anmahnt und vor öffentlichkeitswirksamem Aktionismus warnt sowie auf Schwachstellen des staatlichen Kinder-schutzes hinweist. Diese Stellungnahme ist auch heute noch aktuell (M9).

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