Bereits im Vorschulbereich wird Mediation in verschiedenen Einrichtungen eingesetzt. Um diesen Prozess zu fundieren und zu fördern, hat die Fachgruppe Mediation in Bildung und Erziehung des Bundesverbandes für Mediation Standards für Kindertagesstätten sowie Rahmenrichtlinien und Inhalte der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern erarbeitet.
Konfliktbearbeitung als Ritual
Feste Rituale führen zu konstruktiven Verhaltens-weisen und ermöglichen eine Langsamkeit im Prozess des Konfliktgesprächs. Das bedeutet für den Verlauf:
- drei feste Regeln: zuhören, nicht beschimpfen, ausreden lassen
- Gefühle zum Ausdruck bringen
- Anteile am Streit zugeben
- Empathie verstärken, in einem Rollenwechsel „in den Schuhen des anderen laufen“, um dabei den anderen besser verstehen zu lernen. Der Rollen-wechsel kann auf besondere Weise zum Umdenken, zur Umkehr bewegen
- bei den Lösungen Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit zulassen.
(Braun u.a. 2005, S. 17)
Es hat sich als günstig erwiesen, wenn zunächst Programme sozialen Lernens und darauf aufbauend Elemente der Mediation eingeführt werden (vgl. Bundesverband Mediation 2010). Als Grundlage ist es u.a. hilfreich, wenn Kinder Gefühle wahrnehmen und äußern, Mitgefühl mit anderen (Empathie) empfinden können sowie ein Perspektivenwechsel möglich ist.
Die Fachgruppe Mediation (2010, S. 8) formuliert vier Ebenen, die bei der Einführung von Mediation im Elementarbereich beachtet werden sollten:
- Die Ebene aller Beteiligten: Information und Vorbereitung aller Beteiligten einer Kindertagesstätte (insbesondere die Leitungsebene und Träger, die pädagogischen Fachkräfte, Eltern und das Hauspersonal).
- Die Ebene des pädagogischen Fachpersonals: Auf Dienstbesprechungen bzw. eintägigen Fortbildungen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Zielen, Inhalten und Methoden der Mediation vertraut gemacht, um die Umsetzung in der Einrichtung und die Vorteile besser abschätzen zu können.
- Die Ebene der Kinder: Die Kinder sollten Rituale kennen, wie z. B. einen täglichen Morgenkreis bzw. Abschlussrunden im Stuhlkreis, wo sie sich über freudige und traurige Erlebnisse austauschen können. Das erleichtert die Einführung mediativer Elemente, wie z. B. über Gefühle sprechen oder die Wertevermittlung.
- Ebene des „Systems frühkindliche Förderung“: Die Bildungspläne der Bundesländer für den Elementarbereich beinhalten ausdrücklich auch die Förderung des Sozialverhaltens. Eine Verankerung der Mediation im System Kindertagesstätte wird das Profil der Einrichtungen erweitern. Im Konzept der Einrichtung sollte das ihren Niederschlag finden.
Von besonderer Bedeutung ist dabei die pädagogische Grundhaltung. Diese sollte durch Selbstverantwortung, Gewaltlosigkeit, Empathie und Veränderungsbereitschaft geprägt sein.
Die Einführung von Mediation in einer Einrichtung bedarf der entsprechenden Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der entsprechenden Rahmenbedingungen.
Das Abholproblem
Da Eltern ihre Kinder manchmal zu spät abholen, müssen Erzieherinnen so lange dableiben, bis die Eltern kommen. Kindergärten in Israel legten eine Geldbuße für verspätetes Abholen fest. Die Erwartung war, dass Eltern sich nun vermehrt an die vereinbarten Zeiten halten würden.Das Ergebnis war jedoch, dass Verspätungen von Eltern nun häufiger vorkamen.
Wie ist das zu erklären? Michael Sandel meint: „Mit der Einführung einer Strafgebühr wurden die Normen geändert. Vorher mussten verspätete Eltern ein schlechtes Gewissen haben – sie bereiteten den Erziehern ja schließlich Unannehmlichkeiten. Jetzt aber sahen die Eltern eine verspätete Abholung als Service an, für den sie bezahlen konnten. Sie betrachteten die Geldbuße als Gebühr. Anstatt dem Erzieher etwas aufzuzwingen, bezahlten sie ihn einfach für seine längere Arbeitszeit.“
(Sandel 2012, S. 83)
Orte und Zeit
Um Konflikte gut bearbeiten zu können, bedarf es auch der „richtigen“ Orte, genügend Zeit und klarer Abläufe. Nicht jede Ecke und jeder Raum ist für ein Konfliktgespräch geeignet. Ein kleiner Tisch, eine Decke oder ein Baldachin, die nur für Konfliktgespräche genutzt werden, haben sich als hilfreich erwiesen. Konflikte können nicht im Vorübergehen „erledigt“ werden. Zeit hierfür zu haben oder sich zu nehmen, ist wichtig. So wird ein Rahmen für Rituale und klare Abläufe geschaffen, die Orientierung geben.
Regeln und Rituale
Nicht jeder Konflikt kann und muss gründlich bearbeitet werden. Es bedarf deshalb klarer akzeptierter Regeln, mit deren Hilfe viele kleine Alltagsstreitigkeiten zufriedenstellend beigelegt werden können, etwa wenn es darum geht, wer in welcher Reihenfolge ein Spielgerät benutzen darf oder was geschieht, wenn etwas kaputt gegangen ist. Und es bedarf auch eingeführter Rituale der Konfliktbearbeitung, die den Kindern Sicherheit geben können.