Schulische Prävention zielt nicht nur auf realitätsgerechte Informationen über das Missbrauchsgeschehen, sondern auch auf Widerstandsstrategien und Hilfen bei der Aufdeckung. Zentrale Inhalte der Präventionsarbeit an der Grundschule, an denen sich auch die methodisch-didaktischen Vorschläge dieses Bausteins orientieren, sind:
Der eigene Körper
Bestimmungsrecht über den eigenen Körper. Das bedeutet: Kinder haben ein Recht darüber zu bestimmen, wer sie wann und wie anfasst. Gleichzeitig sollen sie erfahren, dass ihnen ihr Körper ganz alleine gehört.
Gefühle
Wahrnehmung von Gefühlen/Vertrauen auf die eigene Intuition. Kinder sollen ihre eigenen Gefühle wahrnehmen lernen und auf ihre Intuition vertrauen. Im Umgang mit Menschen ist das Vertrauen in die eigenen Gefühle ein grundlegender Selbstschutz.
Berührungen
Unterscheidung zwischen „guten“, „schlechten“ und „komischen“ Berührungen. Insbesondere bei innerfamiliärem Missbrauch spielen die ‚komischen‘, verwirrenden Berührungen eine große Rolle. Sexuelle Berührungen sollen also als solche erkannt werden.
Nein-Sagen
Kinder haben das Recht, Nein zu sagen, wenn sie jemand auf eine Art berührt, die ihnen nicht gefällt. Neuere Präventionskonzepte nehmen auch den Aspekt des selbstbewussten Zustimmens auf, das Ja-Sagen wird ebenso berücksichtigt.
Umgang mit Geheimnissen
Kinder müssen wissen, dass es Geheimnisse geben kann, über die sie sprechen dürfen, auch wenn es ihnen ausdrücklich verboten wird. Deshalb sollen Kinder lernen, dass es „gute“ und „schlechte“ Geheimnisse gibt.
Hilfe holen
Informationen über Unterstützungsangebote. Kinder benötigen Hilfe von Gleichaltrigen und Erwachsenen. Jedes Kind hat ein Recht, sich Hilfe zu holen, wenn es sich ängstigt oder sich über eine Situation ungewiss ist. Kinder haben niemals Schuld. Verantwortlich für den sexuellen Missbrauch ist immer der Täter!
Sexualerziehung
Neben diesen sieben Präventionsbausteinen ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Prävention eine offene Sexualerziehung. Kinder haben ein Recht auf eine umfassende Sexualerziehung schon in der Grundschule. Sexualerziehung unter Einbeziehung des Körpers, der Sprache und aller Sinne ist die beste Lebenskompetenzförderung. Das Wissen um die eigene Sexualität kann Mädchen und Jungen darüber hinaus vor unerwünschten und zugemuteten sexuellen Übergriffen und körperlichen Berührungen schützen. Unwissende sind gefährdete Kinder, weil Täter und Täterinnen dadurch die Möglichkeit gewinnen, ihr Handeln als etwas Normales für ein Kind zu erklären.
http://www.schulische-praevention.de/Praeventionsbaustein.143.0.html
Präventive Arbeit bezieht sich auf drei Ebenen:
- Schulung/Information der verantwortlichen Lehrkräfte
- Information der Eltern
- Pädagogische Arbeit mit Mädchen und Jungen
Prävention sexualisierter Gewalt an der Schule bedeutet Arbeit mit verschiedenen Zielgruppen
Lehrerkollegium
- Entwicklung von Vorstellungen über Sexualerziehung und Vorgehensweisen zur Prävention von sexuellem Missbrauch.
- Entwicklung eines Ansprech- und Hilfesystems.
- Qualifizierung und Fortbildung von beauftragten Lehrkräften.
Eltern
- Elterninformationen über das Thema im Sinne von Grundinformationen.
- Themenspezifi sche Elternabende.
- Themenspezifi sche Seminarreihen.
Klasse
- Selbstsicherheitstrainings.
- Umgang mit Gefühlen.
- Sexualkunde.
- Spezifische Informationen zum Thema sexueller Missbrauch.
- Beratungs- und Gesprächsangebote für Schülerinnen und Schüler.
Kontakte und Kooperation mit Expertinnen und Experten
Kennen des Hilfesystems und einschlägiger Organisationen, die im Bereich des sexuellen Missbrauchs tätig sind (z.B. Jugendamt, Kinderschutzbund, Kinderarzt, ...).
Offene Fragen
Wer soll in der Schule die Prävention durchführen? Der Klassenlehrer/die Klassenlehrerin, Schulpsychologen, externe Experten?
Ein besonderes Problem: Körperkontakt
Beim Körperkontakt zwischen Lehrerinnen/Lehrern und Schülerinnen/ Schülern sollte genau darauf geachtet werden, wo die Grenzen für Missverständnisse und Fehldeutungen liegen.
Ein Grundschulkind, das sich verletzt hat, in den Arm zu nehmen und zu trösten scheint selbstverständlich. In anderen Zusammenhängen wird Körperkontakt (mit zunehmendem Alter der Kinder) als problematisch empfunden.
Problembereiche stellen vor allem der Sport- und Schwimmunterricht dar. Hier können sportliche Hilfestellungen leicht falsch gedeutet, aber auch zu unliebsamen Berührungen missbraucht werden.
Freundliche Begleitung
„Prävention kann als freundliche Begleitung von Kindern verstanden werden. Prävention bedeutet nicht, das ‚richtige Lieben und Leben‘ vorzuschreiben, einseitig Sicherheit, Bewusstheit und Kontrolle zum Konzept zu machen und sich nur auf die Gefahren zu konzentrieren. Prävention sollte sich auf warme, positive, menschen- und kinderfreundliche Mythen, das Interesse der Menschen auf Leben, Lieben, Eigensinn und Gewaltfreiheit stützen.“
Christa Wanzeck-Sielert: Prävention von sexueller Gewalt und sexuellem Missbrauch an Mädchen und Jungen. (Diplomarbeit) Kiel 1995, S. 49.