Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass auch schulische Faktoren einen Einfluss in der Entwicklung aggressiven und delinquenten Verhaltens von Kindern und Jugendlichen haben und zwar auch auf jenes außerhalb des schulischen Kontexts. Klassenstärke ist nicht bedeutsam Entgegen populärer Stereotypen sind die Klassenstärke, Schulgröße oder Architektur dafür nur wenig bedeutsam.
Zentraler Einfluss der Schulkultur
Als wichtiger erscheinen das Schul- und Klassenklima, ein kompetentes, engagiertes, einfühlsames und konsequentes Lehrerverhalten, die Betonung schulischer Werte, angemessene Partizipationsformen und andere Merkmale einer positiven Schulkultur.
Wechselwirkung
Dissoziales Verhalten wird auch gefördert, wenn Kinder ohnedies zur Aggression neigen und sich – wie in „sozialen Brennpunkten“ – viele Kinder mit ähnlichen Problemen in der Klasse befinden. Derartige Ergebnisse zeigen, dass die schulischen Risiken in Wechselwirkung mit Schülermerkmalen und der bisherigen Sozialisation stehen.
Zusammenhalt und Klassenklima
Auch innerhalb der Klasse scheint weniger der Konkurrenzkampf für aggressives Verhalten bedeutsam zu sein als ein geringer Zusammenhalt und vor allem ein konflikthaftes Klassenklima.
Impulsivität
Die Befunde unterstreichen, dass Impulsivität und Aufmerksamkeitsprobleme ein wesentliches Risiko für aggressives und delinquentes Verhalten junger Menschen sind.
Schulleistungen
Das aggressive Verhalten in der Schule hängt auch mit der Schulleistung zusammen. Die aggressiven Schüler weisen schlechtere Leistungen in den Kernfächern auf als die anderen. Unter ihnen befi nden sich auch mehr Jugendliche, die schon einmal eine Klasse wiederholen mussten. Diese Zusammenhänge gelten analog für die allgemeine Delinquenz und Dissozialität. Die Ergebnisse entsprechen dem internationalen Forschungsstand.
Da die Zusammenhänge zwischen schlechter Schulleistung und Schul-Bullying und allgemeiner Dissozialität ähnlich und insgesamt mäßig sind, kann die Aggression gegenüber Mitschülern nur sehr begrenzt auf schulische Überforderung zurückgeführt werden. Zudem lässt sich nicht klar sagen, inwieweit die Leistungsprobleme Bedingung, Korrelat oder Folge der sozialen Devianz sind.
Friedrich Lösel / Thomas Bliesener: Aggression und Delinquenz unter Jugendlichen. Untersuchungen von kognitven und sozialen Bedingungen. München / Neuwied 2003, S. 14, 70, 71, 148, Auszüge.